Am 10.11.2021 hat der niedersächsische Landtag die Novellierung der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) beschlossen (Nds. GVBl. Nr. 43/2021, S. 732). Die Änderungen treten zum 01.01.2022 in Kraft.
Die neuen Regelungen zielen vor allem auf die Vereinfachung und Beschleunigung des Verwaltungsverfahrens, den Klimaschutz und die Schaffung von Wohnraum ab. So ist Niedersachsen das erste Bundesland, das das Baugenehmigungsverfahren vollständig digitalisiert und die elektronische Antragstellung und Kommunikation zum Regelfall macht. Dem Klimaschutz wird insbesondere durch die Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien Rechnung getragen. Neben einer Pflicht zur Installation von Photovoltaik-Anlagen auf gewerblichen Neubauten soll der Abbau von Verfahrenshindernissen für Windkraftanlagen zu einem schnelleren Ausbau der Windenergie führen. Neuer Wohnraum soll im ländlichen Innenbereich dadurch entstehen, dass die Baugenehmigung für die Nutzung von Tierhaltungsanlagen erlischt, wenn sie über einen Zeitraum von mehr als neun Jahren unterbrochen wird. Außerdem werden mit dem Änderungsgesetz zahlreiche inhaltliche und redaktionelle Anpassungen der NBauO vorgenommen.
Die maßgeblichen Änderungen im Einzelnen:
- Vereinfachung und Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens
Für die Einführung der elektronischen Kommunikation als Regelkommunikationsverfahren ist der neue § 3a NBauO im ersten Teil „Allgemeine Vorschriften“ aufgenommen worden.
Danach sind die aufgeführten Anträge, Mitteilungen und Anzeigen grundsätzlich elektronisch zu übermitteln, soweit in diesem Gesetz oder in einer Verordnung nichts anderes bestimmt ist. Zur Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens sollen auch die Präklusionsvorschrift für nachbarliche Einwendungen in § 68 Abs. 3 NBauO sowie die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zur Überprüfung der Vollständigkeit von Bauanträgen binnen drei Wochen (sog. Vorprüfung) beitragen. Schließlich bedürfen der Bau, das Repowering und der Betrieb von Anlagen zur Produktion von Energie aus erneuerbaren Energien gemäß § 63 NBauO lediglich eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens, wobei das gesamte Verfahren über eine einheitliche Stelle und einheitliche Ansprechpartner abgewickelt und die Verfahrensdauer auf maximal zwei Jahre begrenzt wird. - Klimaschutz
Zur Förderung des Ausbaus der Windenergie ist der Mindestabstand von Windenergieanlagen zu den Grenzen eines Baugrundstücks im Außenbereich und in Sondergebieten für Windenergie gemäß § 5 Abs. 2 S. 4 NBauO auf 0,25 H, mindestens jedoch 3m festgelegt worden. Hinzu kommt, dass Windenergieanlagen in diesen Gebieten bis zu einer Höhe von 15m verfahrensfrei sind. Im Hinblick auf den Ausbau der Solarenergie trifft der neu eingefügte § 32a Abs. 1 NBauO die Regelung, dass die Ausstattung von Dächern überwiegend gewerblich genutzter Bauten mit einer Dachfläche von mindestens 75m2 mit Photovoltaikanlagen für die Stromerzeugung zur Pflicht wird. Wenige Ausnahmen regelt Abs. 2. Ein Änderungsantrag der Grünen, wonach die PV-Pflicht auch für neue Wohnbauten gelten sollte, hat keine Mehrheit gefunden. Flankiert wird diese Regelung durch die Bestimmung der Nr. 13.6 des Anhangs zu § 60 Abs. 1 NBauO, wonach Dächer und Dachkonstruktionen von vorhandenen Wohngebäuden – ausgenommen Hochhäuser – verfahrensfrei sind, sofern die Bedachung zum Zweck des Wärmeschutzes oder der Energieeinsparung angehoben wird. - Schaffung von Wohnraum
Das zur Schaffung von Wohnraum im ländlichen Innenbereich eingeführte Erlöschen der Baugenehmigung für die Nutzung von Tierhaltungsanlagen bei einer durchgehenden Unterbrechung von über neun Jahren ist in § 71 Abs. 2 S. 1 NBauO geregelt. - Kostenschuldner bei Ersatzvornahme
Neu ist auch die Regelung, wonach der Bauaufsichtsbehörde entstandene notwendige und angemessene Kosten für eine Ersatzvornahme zur Durchsetzung einer Bauordnungsmaßnahme künftig demjenigen auferlegt werden können, der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Kostenbescheides Eigentümer des Grundstücks ist (sog. Kostenschuldner).
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