Gelten die gesellschaftsrechtlichen Erleichterungen aus §§ 1 ff. COVMG auch für Körperschaften öffentlichen Rechts?

Nach Ansicht des OLG Nürnberg (BeckRS 2021, 23154) gelten die gesellschaftsrechtlichen Erleichterungen aus §§ 1 ff. COVMG nicht für Körperschaften öffentlichen Rechts, und zwar weder unmittelbar noch analog.
Das „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.03.2020“ (GesRuaCOVBekG) – ein Mantelgesetz – enthält in seinem Artikel 2 das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (COVMG)

Um die betroffenen privatwirtschaftlichen Unternehmen verschiedener Rechtsformen in die Lage zu versetzen, auch bei pandemiebedingten Beschränkungen der Versammlungsmöglichkeiten erforderliche Beschlüsse zu fassen und handlungsfähig zu bleiben, wurden mit diesem Gesetz vorübergehend Erleichterungen für die Durchführung von Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA), Versicherungsvereinen a. G. (VVaG) und Europäischen Gesellschaften (SE) sowie für Gesellschafterversammlungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), von General- und Vertreterversammlungen von Genossenschaften sowie von Mitgliederversammlungen von Vereinen geschaffen.

Körperschaften des öffentlichen Rechts sind von diesem Gesetz allerdings nicht erfasst. Auch die Gesetzesmaterialien befassen sich hiermit nicht (vgl. Bundestags-Drucksache 19/18110).

Der Gesetzgeber hat auch bei späteren Änderungen des COVMG das COVMG nicht auf derartige Körperschaften erstreckt hat, worauf das OLG Nürnberg hingewiesen hat. Die durch das COVMG geschaffene Möglichkeit, virtuelle Versammlungen durchzuführen, hat der Gesetzgeber bewusst differenziert für vereinzelte Rechtsformen vorgesehen, so dass mangels planwidriger Regelungslücke auch eine analoge Anwendung des COVMG auf diese Körperschaften ausscheidet.

Praxishinweis:
Für Körperschaften öffentlichen Rechts gelten die gesellschaftsrechtlichen Erleichterungen aus §§ 1 ff. COVMG weder unmittelbar noch analog. Dies gilt etwa für die Möglichkeit, virtuelle Hauptversammlungen durchführen zu können.
Enthält demnach die Satzung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts keine Regelungen über die Zulässigkeit einer virtuellen Hauptversammlung, so ist die Durchführungen einer virtuellen Hauptversammlung nicht möglich.
Perspektivisch sollte daher die Anpassung der Satzung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts in Betracht gezogen werden.

Ansprechpartner: Dr. Brockmeier, Hr. Hensel und Dr. Uslubaş

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