Ratssitzungen nur mit 3 G- Nachweis

Mit Beschluss vom 30.9.2021 hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass Ratsmitglieder derzeit nur mit Nachweis einer Immunisierung oder Testung an Rats- und Ausschusssitzungen ihrer Gemeinde teilnehmen dürfen.
Sitzungen kommunaler Gremien seien nach dem Willen des Verordnungsgebers Veranstaltungen im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 CoronaSchVO. Danach dürfen Veranstaltungen in Innenräumen nur noch von immunisierten oder getesteten Personen besucht werden, soweit in dem jeweiligen Kreis oder der kreisfreien Stadt oder landesweit die 7-Tage-Inzidenz an fünf Tagen hintereinander bei dem Wert von 35 oder darüber liegt.
Anders als das Verwaltungsgericht Minden in erster Instanz, hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, dass diese Regelung eine hinreichende, dem Parlamentsvorbehalt genügende Ermächtigungsgrundlage für die Zugangsbeschränkungen darstelle.

Der Grundsatz des freien Mandats räume einem Ratsmitglied als wesentliches Mitwirkungsrecht zwar die Teilnahme an Sitzungen des Rates und der Ausschüsse ein. Der Zugang könne aber auf Personen, die geimpft, genesen oder (negativ) getestet sind beschränkt werden, wenn es dem legitimen Zweck des Infektionsschutzes diene. Dieser Eingriff in das Recht auf freie Mandatsausübung stehe nicht außer Verhältnis zu den nur geringfügigen Beeinträchtigungen in die körperliche Unversehrtheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die grundsätzliche Verhältnismäßigkeit einer 3 G- Regel hatte im Übrigen auch das Verwaltungsgericht bejaht, wenn sie auf Anordnung des Bürgermeisters im Rahmen der Ausübung seiner Sitzungsgewalt nach § 51 Abs. 1 GO NRW erfolgt.
Beide Gerichte weisen in ihren Entscheidungen jedoch darauf hin, dass es mit dem Grundsatz des freien Mandats nicht vereinbar sein dürfte, den zu einem Test verpflichteten Ratsmitgliedern die damit verbundenen Kosten aufzuerlegen. Soweit ab dem 11. Oktober die allgemeine Kostenfreiheit für Testungen entfalle, müssten die Kommunen die Mandatsträger von der Kostenlast befreien.

Ob die Kostenlast zum Nachteil der Allgemeinheit zumutbar ist, erscheint allerdings, auch mit Blick auf die Mandatsträger im Landtag und Bundestag, fragwürdig. Die zum 11. Oktober geänderte Coronavirus-Testverordnung sieht hierfür keine Ausnahme vor. Auch ist eine Sitzungsteilnahme mittels Ton-Bild- Übertragung in der nordrhein- westfälischen Gemeindeordnung derzeit nicht vorgesehen, so dass nicht immunisierte Ratsmitglieder nicht auf eine Teilnahme in digitaler Form verwiesen werden können. Die Kommunen sollten sich daher darauf einrichten, dass nicht immunisierte Ratsmitglieder die Kosten für Testungen als Auslagen nach § 33 Satz 1 GO NRW ersetzt verlangen.
Im Übrigen zeigt die Entscheidung aber auch, dass die Einführung einer 2 G- Regel für die Teilhabe an Sitzungen demokratisch legitimierter Gremien unverhältnismäßig sein dürfte.

Ansprechpartnerinnen:
Susanne Tyczewski
Lena Dirksen

Coffee-Talk