Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat entschieden (Rs. C-293/239), dass die Ausgestaltung des Begriffs „Kundenanlage“ nach § 3 Nr. 24a des deutschen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) europarechtswidrig ist. Der EuGH führt aus, dass die deutsche Definition des Begriffs „Kundenanlage“ nicht mit der EU‑Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (2019/944) vereinbar ist.
So sind Kundenanlagen i. S. d. § 3 Abs. 24a EnWG in der Regel räumlich eng begrenzte Energieversorgungseinrichtungen, die innerhalb von Gebäuden oder zusammenhängenden Gewerbe- bzw. Gebäudekomplexen Endverbraucher mit Strom versorgen. Diese können sich jedoch auch auf ein größeres Grundstück außerhalb von Gebäuden erstrecken. Der entscheidende Vorteil ist, dass der Betreiber auf diese Weise rechtlich nicht als Netzbetreiber eingestuft wird und daher von den damit verbundenen Pflichten für Verteilernetze befreit ist.
Nach EU-Rechtsprechung erfüllt die deutsche Definition des Begriffs „Kundenanlage“ jedoch alle Voraussetzungen für ein Verteilernetz, so dass sich die Kundenanlage nach deutschem Recht unzulässigerweise den entsprechenden Netzbetreiberpflichten entzieht.
Dies führt nach Ansicht des EuGH zu Wettbewerbsverzerrungen.
Somit müssen insbesondere die nationalen Gerichte und Behörden den Begriff „Kundenanlage“ i. S. d. § 3 Abs. 24a EnWG künftig europarechtskonform i. S. d. der EU-Richtlinie anwenden. Das heißt, dass Betreiber von Anlagen, die über eigene Leitungen Dritte mit Strom versorgen, also eine Stromverteilinfrastruktur betreiben, zukünftig als Netzbetreiber gelten und den entsprechenden Netzbetreiberpflichten unterliegen.
Dies hat weitreichende Folgen; denn die Betreiber dieser „Kundenanlagen“ treffen nun insbesondere Melde- und Publikationspflichten und dürfen nicht mehr netzentgelt- und umlagefrei Strom liefern.
Betroffene Betreiber sollten daher zunächst eine Bestandsaufnahme durchführen. Sie sollten prüfen, welche Anlagen unter die bisherige Ausgestaltung des Begriffs „Kundenanlage“ fallen und sodann auf ihre EU-Rechtskonformität prüfen. Im Anschluss können dann ggf. weitere Maßnahmen eingeleitet werden.
Sofern Sie hierzu rechtliche Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an.
Ansprechpartner zu dem Thema: Markus Heinrich, Dr. Stefan Bischoff und Alexander Harfousch, LL.M.